Schachreisen-Verlag, 2015. — 199 s. — ISBN: 978-3-9817134-1-1.
Nichts im menschlichen Leben ist so wohlfeil wie Fehler. Deshalb ist es bequem für mich, der ersten Sammlung meiner ,,Fünfundfünfzig feisten
Fehler“ (1990) ein zweites Angebinde folgen zu lassen.
Was soll man als Fehler beim Schachspielen betrachten?
In der Schachpartie ist ein Fehler im strengen Sinne jeder Zug, der das bei beiderseits bestem Spiel zu erwartende Ergebnis verändert: der eine
Gleichgewichtsstellung in eine Verluststellung verwandelt oder eine Gewinnstellung zum Unentschieden oder gar zum Verlust verdirbt.
Wenn jemand eine feinfühlige Mattführung wählt, statt in einem Zuge mattzusetzen, kann man ihn kaum fehlerhaften Spiels bezichtigen, denn
er erreicht das bestmögliche Ergebnis; vielleicht bewegten ihn ästhetische Überlegungen zu dem kleinen Umweg.
Freilich bemerkt man bei der Untersuchung von Partieverläufen, dass es bisweilen aßerordentlich schwierig ist festzustellen, an welcher Stelle
genau der Umschlag der Einschätzung anzusetzen ist. Der Verteidiger ist in schwieriger Lage; er spielt einen Zug, nach dem es keine Rettung mehr
zu geben scheint. Hätte ein anderer Zug noch ausgereicht, die Stellung zu halten? Oder gab es gar im weiteren Partieverlauf doch noch eine
Möglichkeit zu erfolgreichem Widerstand, die auch in der Analyse nicht erkannt wurde? Der Forscher kann es oft nicht klar ermitteln und mss
sich mit Vermutungen begnügen.